Einige Blogger diskutieren bereits die Hamburg-Wahl und geben dem neuen Wahlrecht die Schuld für die miese Wahlbeteiligung.
Ich war früher auch sehr skeptisch und erwartete große Probleme mit dem neuen Wahlrecht, aber nach der gestrigen Premiere als Wahlhelfer bin ich überzeugt, dass die ach-so-schrecklich-komplizierten 2 x (1 + 5) = 12 Kreuze nicht die Ursache dafür sein können, dass die Wähler lieber zu Hause blieben.
In “meinem” Wahllokal waren die allermeisten Wähler gut vorbereitet, die vor der Wahl verschickten Wahlzettel waren für viele ein Anlass, sich sehr genau damit zu beschäftigen. Einzelne schimpften und schwadronierten. Aber wenn, dann kritisierten sie eigentlich nur die Kosten der längeren Auszählung und dass das alles ja eh nichts verbessern wird. Viele bedauerten uns Wahlhelfer für die längere Auszählung, eine Wählerin brachte Süßigkeiten mit. (Nett!) Aber vielleicht war dieses Wahllokal nicht repräsentativ: Hätte ganz Hamburg so gewählt wie bei uns, Michael Naumann wäre mit Abstand Bürgermeister.
Auch ich habe “meine” Kandidaten vor der Wahl einzeln recherchiert und nun bewusst die gewählt, von denen ich denke, dass sie meine Interessen vertreten. Sie standen nicht oben auf ihrer Liste. Mal sehen, aber es sollte eine Verbesserung sein, dass treue Parteisoldaten nun nicht mehr wie bisher nur bräsig auf ihrer Listenposition hocken müssen, um gewählt zu werden.
Chaos und Warteschlangen blieben aus, die Wahlhelfer kamen gut zurecht, so auch in unserem Wahllokal.
Vor der Wahl wurde befürchtet, dass die Wahlergebnisse nun erst nach Tagen ausgezählt sind und Politik und Öffentlichkeit bis dahin im unklaren bleiben, wie es weitergeht. Platte Propaganda. Die Parteiergebnisse waren so schnell wie auch früher da und nun muss man nur noch die Kandidatenauszählung abwarten. Kein Problem, auch nicht in einer schnellen Mediendemokratie.
Ich würde den Schluss, dass das Wahlrecht nicht einen Anteil an der zurückgehenden Beteiligung haben könnte, so schnell nicht verwerfen. Es wäre beispielsweie zu untersuchen inwiefern es hier vielleicht einen Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Wahlbeteiligung bzw. Zugang zu dem neuen Wahlrecht gibt.
Diese beiden Tabellen geben zumindest einen Hinweis darauf, dass die Wahlbeteiligung – und damit auch die Veränderung – unter Umständen auch mit dem Sozial- und Bildungsniveau zu tun haben kann:
http://www.statistik-nord.de/fileadmin/download/wahlen/wahlen_hh/Buergerschaftswahl_2008/3_weitere_Tabellen/1.15-layout.pdf
http://www.statistik-nord.de/fileadmin/download/wahlen/wahlen_hh/Buergerschaftswahl_2008/3_weitere_Tabellen/1.13-layout.pdf
Das ist aber momentan nichts weiter als eine starke Vermutung meinerseits. Wenn der Senat mal ein paar Euro in die Hand nehmen würde, könnte man so etwas im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie untersuchen.
Das Wahlrecht ist es bestimmt nicht. Ich hab bei http://sprechblase.wordpress.com ein längeres Statement geschrieben, es ist weitaus komplexer denke ich. Das Wahlrecht war super vorbereitet und erklärt. Das war es bestimmt nicht!